22 Juni 2005

Wohlfühlen = Erotik = Fetischismus?


Die familienfreundliche Definition von Fußfetischismus könnte lauten: „Es gibt Leute, für die es ein tolles Gefühl ist, von anderer Leute Füsse berührt zu werden oder sich Bilder von Füssen anderer Leute anzusehen.“

(Man beachte, wie elegant diese Definition die Wortfelder „Erotik“, „sexuelle Fixierung“ und v.a. „Tiefenpsychologie“ umschifft. Was für ein Glück! Stellen Sie sich vor, Ihre Kinder würden hier solche Begriffe aufschnappen, und anschließend fragen „Papa/Mama, was ist eigentlich ‚Tiefenpsychologie’?“)



1. Frage: Was hat Barfußlaufen mit Fußfetischismus zu tun?

1. Antwort: Überhaupt nichts. Soweit ich weiß, richtet sich die Fixierung des Fußfetischisten ja gerade nicht auf dessen eigene Füsse.

2. Frage: Was hat Barfußlaufen ganz allgemein mit Erotik zu tun?

2.a Kurze Antwort: Überhaupt nichts.

2.b Lange Antwort: Das hängt davon ab, wie frau/man Erotik definiert. FKKler oder Saunabesucher wissen, dass es da ziemlich unerotisch zugeht, obwohl alle nackt rumlaufen, besser gesagt: weil Nacktsein da etwas völlig Normales ist. Wer so lange barfuß rumläuft, dass es Normalität ist, versteht die ganze Frage eigentlich nicht mehr.

In den äußerst prüden vergangenen Jahrhunderten war es für weite Teile der ärmeren Landbevölkerung grundsätzlich normal, barfuß zu laufen. Hätte es in dem Zusammenhang einen Hauch Erotik gegeben, wäre die allmächtige Kirche mit Sicherheit dagegen aktiv geworden.

Andererseits kann ich aus eigenem Erleben bestätigen, dass es ein barfüßiger Waldspaziergang viele „tolle Gefühle“ beschert, wenn man z.B. über kühle Moospolster, über sonnengewärmte Holzstämme oder durch moorige Passagen des Waldweges geht. Ich hege tiefstes Bedauern gegenüber den Leuten, die so was noch nie erlebt haben. Wenn diese „tollen Gefühle“ mit "Erotik" gleichgesetzt werden - bitteschön. Ich nenne es eine weitere Dimension der Wahrnehmung, gleichrangig mit Sehen, Hören, Riechen.

Und wo „tolles Gefühl“ aufhört und „Erotik“ anfängt, das möge doch bitte Jede/r für sich selbst entscheiden. Aber sagt’s mir nicht, denn es interessiert mich nicht. Ich habe schon lange aufgehört, mir über leere Worthülsen den Kopf zu zerbrechen.

M.